Im Juni 2019 wurde vor dem Aachener Landgericht ein 75-jähriger Mann für den sexuellen Missbrauch an seinen Enkelkindern in den Jahren 2001 bis 2003 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Der Täter war im Tatzeitraum ehrenamtlich als Priester und Religionslehrer in einer Aachener Gemeinde tätig.
Als die jetzige Kirchenleitung Anfang 2019 durch die Staatsanwaltschaft von der Anklage erfuhr, sprach sie die Amtsenthebung des Priesters aus. Damit wurde dem Angeklagten der Status eines Amtsträgers im Ruhestand aberkannt. Zudem wurde die kircheninterne Aufarbeitung nach Abschluss des Strafverfahrens angeordnet.
Nach Abschluss der Aufarbeitung korrigiert die Kirchenleitung ihre Stellungnahme vom 5. Juni 2019 zu Prozessbeginn. In der abschließenden Stellungnahme bittet die Kirchenleitung unter anderem um Entschuldigung für Versäumnisse in der Vergangenheit. Mit dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung des Landgerichts kann das Dokument nun veröffentlicht werden.
Abschließende Stellungnahme der Kirchenleitung zum Missbrauchsfall in Aachen aus 2003
Nach Ende des Strafverfahrens hat die Kirchenleitung die Prüfung und Aufarbeitung der kircheninternen Informations- und Entscheidungsprozesse veranlasst. Die Kirchenleitung zieht die vorläufige Stellungnahme vom 5. Juni 2019 zurück und nimmt zu dem Sachverhalt nach Abschluss der Aufarbeitung nun wie folgt Stellung:
- Heinz-Günter K. wurde durch das Landgericht wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs seiner Enkelkinder zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er ist geständig, die Taten in seiner Wohnung ausgeführt zu haben. Heinz-Günter K. war von 1985 bis Ende 2005 ehrenamtlich als Priester, Religions- und Konfirmandenlehrer in der Gemeinde Aachen-Eilendorf tätig.
- Der Kindesmissbrauch wurde von den Eltern Anfang März 2003 festgestellt und der Gemeindeleitung mitgeteilt. Die Leitung des damaligen Bezirks Aachen wurde durch die Gemeindeleitung, die Leitung des Apostelbereichs nach Aussagen der Eltern durch sie über den Kindesmissbrauch informiert. Diese Information ist jedoch aufgrund des langen Zeitraums von 16 Jahren nur noch der Gemeindeleitung erinnerlich.
- Die Entscheidung über die Frage der Strafanzeige haben die Eltern nach Beratungsgesprächen mit der Gemeinde- und Kirchenleitung und mehreren Opferhilfestellen getroffen. Eine unangemessene Einflussnahme der Kirchenleitung auf diese Entscheidung erfolgte nicht. 2018 wurde der Sachverhalt ohne Mitwirkung der Eltern anonym bei den Strafverfolgungsbehörden angezeigt.
- Die Eltern haben unmittelbar nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle für die fachtherapeutische Betreuung der Opfer gesorgt.
- Bis Ende 2005 wurden keine Maßnahmen zur Beendigung der ehrenamtlichen Amtstätigkeit des verurteilten Heinz-Günter K. als Priester und Religionslehrer ergriffen.
- Auf Initiative der Opferfamilie wurde der Sachverhalt Ende 2005 in einem gemeinsamen Gespräch mit der Gemeinde-, Bezirks- und Apostelbereichsleitung erneut erörtert. Daraufhin veranlasste die Kirchenleitung im Dezember 2005 die vorzeitige Ruhesetzung von Heinz-Günter K., die der Bezirksvorsteher am 18. Dezember 2005 in der Gemeinde unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe durchführte.
- In den Folgejahren wurde Heinz-Günter K. in Unkenntnis der tatsächlichen Gründe für den vorzeitigen Ruhestand noch aushilfsweise zur Durchführung einzelner Unterrichtsstunden im Religionsunterricht auf Gemeindeebene eingesetzt.
- Die Kirchenleitung bedauert, dass diese Korrektur der am 5. Juni 2019 veröffentlichten Stellungnahme erforderlich wurde. Diese sind auf Erinnerungslücken der 2003 beteiligten leitenden Amtsträger und einer nicht vollständigen Informationslage zurückzuführen. Die Kirchenleitung bittet die Opferfamilie um Entschuldigung für die in Teilbereichen unzutreffende Darstellung im Juni 2019.
- Die Kirchenleitung bittet die Eltern der Kinder, die ab März 2003 von Heinz-Günter K. im Religions- und Konfirmandenunterricht unterwiesen wurden, um Entschuldigung. Hinweise auf weitere Straftaten sind nicht bekanntgeworden.
- Mit der 2009 eingeführten Leitlinie zur Prävention von sexueller Gewalt in der Seelsorge sind alle Amtsträger und Lehrkräfte über das Kriminalitätsphänomen informiert. Der Informations- und Entscheidungsprozess ist festgelegt und sieht eine obligatorische unmittelbare Meldepflicht an die Kirchenleitung bei Verdachtsfällen von sexueller Gewalt an Kindern vor. Hierdurch ist gewährleistet, dass sich die festgestellten innerkirchlichen Informations-, Bewertungs- und Entscheidungsfehler in der Zukunft nicht wiederholen werden.
- Die Kirchenleitung wird das Angebot von Informationsveranstaltungen zu dem Kriminalitätsphänomen und dem sachgerechten Umgang mit Verdachtsfällen auf regionaler Ebene verstärken.
gez. Manfred Bruns
Leiter Referat Seelsorge, Stab Kirchenleitung
Neuapostolische Kirche Westdeutschland
Vor dem Landgericht in Aachen wird der Fall verhandelt
16. August 2019
Text:
Frank Schuldt
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